Ist Yoga schädlich?

Ist Yoga schädlich?

Ist Yoga schädlich? – Meine Antwort auf die Pressestimmen

Zunächst  war ich – der Überschriften wegen – schockiert.

Ich überflog den Artikel im Kurier, wurde später von einer Freundin auf den Presse-Artikel und von einem Schüler auf den Artikel im Standard aufmerksam gemacht.

Leider hab ich die Artikel im ersten Moment wirklich nur überflogen, denn die Dinge die in den Artikeln bemängelt werden, sind leider nicht von der Hand zu weisen. Nur die Überschriften zu lesen war wie so oft zu wenig, weil überhaupt nicht aussagekräftig.

Ich übe Yoga seit 2005, unterrichte seit 2008 und auch wenn ich mich sehr intensiv mit Yoga auseinander setze und viele positive Erfahrungen machen konnte, sehe ich die Gefahren ähnlich.

Gedanken über die Yogapraxis

Im Westen wird Yoga praktiziert um Entspannung zu erlangen, etwas gegen Schmerzen (im Rücken) zu machen, mehr Flexibilität zu erlangen, usw.. Die Menschen möchten sich wieder wohl fühlen. Ich kann nicht mehr sagen wie oft ich im Unterricht die Atmung und die Entspannung als überaus wichtige, wenn nicht DIE wichtigsten Aspekte bei der Ausführung von Asanas (gehaltene Stellung) betone. Selbst bei kleinen Übungen wie Augen- und Nacken-Übungen fordere ich die Schüler auf, so langsam und so bewusst wie möglich zu üben.

Im Menschen unserer Zeit steckt jedoch immer tiefer die Leistungsorientierung. Weiter, höher, schneller… Wenn es nicht geht wie wir wollen setzen wir Druck dahinter. Im Yoga sicherlich der falsche Weg.

Yoga ist Meditation – in jedem Fall. Die Bewegung, die Atmung, die bewusste Verbindung von beidem. Die Entspannung in der Haltung, so, wie sie für den einzelnen richtig ist, egal wie wenig elegant oder geschmeidig sie aussehen mag, das ist das Ziel, aber ich werde oft nicht gehört bzw. verstanden. Zu stark ist der Wunsch in uns weiter zu kommen. Wir haben vergessen, wie sich Entspannung wirklich anfühlt.

Der „westliche“ Yoga, also mit Leistungsgedanken zu praktizieren, zu viel zu praktizieren, zu einseitig ohne den entsprechenden Ausgleich macht den Menschen krank. Auch muss ich Yoga-Lehrer Glen Black recht geben, wenn er sagt, dass Yoga bestehende Krankheiten auch verschlimmern oder auslösen kann. Wir öffnen Energiekanäle im Yoga, wir lassen Energien durch unseren Körper fließen, lösen vielleicht Blockaden, aber sind wir auf die Veränderungen die mit diesen einhergehen vorbereitet? Oft sicher nicht. Vor allem nicht, wenn wir sie erzwungen haben. Alles geschieht zu seiner Zeit.

Reflexion – mein Yogaunterricht

Der Hinweis  von Prim. Univ.-Prof. Martin Friedrich, Yoga-Klassen wären nicht optimal ist leider auch nicht immer von der Hand zu weisen.

Ich unterrichte maximal 12 YogaschülerInnen. Am liebsten sind mir aber kleinere Gruppen von 6 Personen. Aber auch in ganz kleinen Gruppen kann ich nicht auf alle Schüler 100% eingehen, Yoga-Einzelstunden sind aber auch eine Kostenfrage. Zu Beginn meiner Lehrer-Tätigkeit fürchtete ich mich vor „schwachen“ Schülern. Inzwischen freue ich mich über die, die mehr Aufmerksamkeit benötigen. Ich fordere dann gerne die gesamte Gruppe auf, leichtere Übungen auszuführen um hin zu finden zu dieser Langsamkeit und Achtsamkeit, und erinnere mich selbst gerne wieder daran.

Ich selbst habe Yoga immer schon als Geschenk empfunden, aber niemals mehr als zu dem Zeitpunkt, als ich, erkrankt an Lungenhochdruck im Krankenhaus lag und kaum mehr gehen, mich kaum mehr bewegen konnte weil ich keine Luft mehr bekam. Meditation hat mich den Weisheiten des Yoga und des Lebens erst wirklich näher gebracht. Das hat mir geholfen meinen (Yoga-)Weg zu begreifen und zu gehen ohne zu verzweifeln oder wahnsinnig zu werden.

Nach meiner ersten und auch vor und nach meiner zweiten Lungen-Transplantation war und ist Yoga der Weg zur Genesung und Wiederherstellung einer körperlichen Fitness. Der Weg war lang, aber er fiel mir leicht, weil ich gelernt hatte Geduld zu haben, zu warten und zu atmen. So habe ich ganz sanft wieder zu mir und einem kräftigen, flexiblen Körper gefunden. Ich wünschte ich könnte dieses Gefühl, das ich habe, wenn ich eine Asana mit Leichtigkeit ausführe meinen Schülern so vermitteln wie ich sie spüre.

Die Verantwortung jedes einzelnen

Ich sehe es als meine Verantwortung mich kontinuierlich weiter zu bilden, die Yoga-Lehre zu studieren und für mich selbst zu begreifen um diese Erkenntnisse meinen Schülern weiter zu geben. Auch das Studium der Anatomie und Wirkungen der Asanas, die Auswirkungen auf Drüsen und Organe ist ungemein wichtig. Ich stehe trotz meiner Yoga-Praxis, der Yoga-Lehrer Ausbildung, der zusätzlichen Ausbildung zur Ayurveda-Praktikerin am Anfang. Diese Demut vor dem großen Wissensschatz des Yoga, die neuen Erkenntnisse über Anatomie und Faszien und die Wissenschaft des Ayurveda sind für mich neben einer lebendigen Neugier die Grundvoraussetzung um eine gute Begleitung für die zu sein, die Yoga lernen wollen.

Die Idee einer längeren und profunden Ausbildung ist sehr gut, die Zeit hat aber gezeigt, dass eine globale Anpassung und Regelung der Ausbildung sehr schwierig ist. Es gibt die Ausbildung nicht, die einen auf alles vorbereitet, was im Yogaunterricht passieren kann, aber eine gute Basis ist die Grundvoraussetzung für eine gewisse Sicherheit der YogalehrerInnnen. Die Lehr-Praxis ist eine immer neue Herausforderung.
Jede/r YogaschlülerIn lehrt mich etwas Neues. So bleibt ein/e gute/r YogalehrerIn neugierig und demütig und vor allem im Bewusstsein, nicht alles wissen zu können, aber lernen zu dürfen.

Es war Zeit für den Artikel der NYT, sonst wäre er nicht geschrieben worden. Es war Zeit die Welt wach zu rütteln und sich von Schwarz-Weiß zu lösen und Yoga als das zu begreifen, was es ist – der Weg zu sich selbst – und der führt über die Meditation.

Links
Mehr über Yoga auf meinem Blog

Ergänzung Yoga und die Gesundheit – Ein Appell für mehr Achtsamkeit im Yoga vom 17. Jun. 2014

AtmenLetztens hab ich es wieder gehört: „Du musst beim Yoga vorsichtig sein, XY hat sich dabei verletzt, und die/der hat dabei doch täglich und so lange Yoga geübt….“

Nun, Yoga ist nicht Yoga! Wenn ich als Yogi und Yogini nicht auf meine Grenzen achte, und ständig darüber hinweg gehe, mich in Positionen hineinpresse, wenn das Ego meinen Geist mehr damit beschäftigt leistungsorientiert zu denken, dann ist Yoga nicht Yoga, ein Weg zu sich selbst, sondern wird als Sportart geübt und wie bei jeder Sportart kann ich mich verletzen!

Gott sei dank gibt es immer mehr Yogalehrer, die sich Ihrer Verantwortung bewusst sind, doch selbst der beste Yogalehrer kann nicht verhindern, dass das Ego der Schüler lauter ist als seine Stimme!

Ich wünsche mir mehr YogaschülerInnen, die sanfter mit sich und ihrem Körper umgehen, die ihre Grenzen wahrnehmen, ihren Körper besser spüren und für die Yoga ein Weg hin zu mehr Gesundheit und Ausgeglichenheit ist. Asanas gemeinsam zu üben sollte kein Anlass für Konkurrenzdenken und Wettstreit sein. In Asanas haben wir die Möglichkeit wahrnehmen, wo Spannungen im Körper sind können diese mit einer tiefen und sanften Atmung auflösen. Es geht darum, die Balance zwischen Spannung und Entspannung in der Asana zu finden und die sich in ihr „fallen lassen“ zu können.

Yoga lehrt Achtsamkeit, Yoga ist ein Weg hin zu einer physischen und psychischen Gesundheit. Zu mehr Lebensfreude und geistiger und physischer Beweglichkeit. Ein Weg, Körper, Geist und Seele zu vereinen.

Starre bringt uns nicht weiter, leider nur, wie ich eben immer wieder höre – in den Schmerz….