Yoga im Alltag üben – Die Yoga Sutren des Patanjali

Die meisten Menschen, die an Yoga denken, haben zu aller erst Bilder von Menschen im Kopf, die sich verrenken. Das wären denn die Āsanas, Körperübungen. Das Netz ist inzwischen übervoll mit Bildern von Menschen die im Alltag Yoga üben, also Āsanas praktizieren.

Doch ist Yoga viel mehr als Asanas. Meine Anfänge bei Sivananda lehren den integrativen Ansatz. Das bedeutet fünf Punkte: Körperübungen, Atemübungen, Konzentration, bzw Entspannung, Lebensweise wie Ernährung und Gedankenkontrolle. Das bedeutet, dass Yoga eine Lebensweise ist.

Yoga im Alltag leben_der Weg des Patanjali

Yoga im Alltag leben_der Weg des Patanjali

Yoga, wie er aktuell verstanden wird, bedeutet, dass die Körperübungen ein wichtiger Aspekt des Yoga sind. Diese sind vermutlich deshalb so beliebt, weil der die körperliche Bewegung in unserer Gesellschaft definitiv zu kurz kommt. Sitzen ab dem Kindergarten, stundenlang. Zusätzlich kommt dazu, dass unsere Lebens- und Arbeitsweise immer mehr vor den unterschiedlichen kleinen Apparaten stattfindet. Handys, Laptops, PC’s, Fernseher. Vorm Bürosessel auf die Couch. Aber darüber ein anderes Mal.

Ich beziehe mich in diesem Artikel zur täglichen Praxis des Yoga jedoch nicht auf die Körperübungen sondern möchte hier einen Einblick in den ganzheitlichen Ansatz des Yoga geben. Und zwar gibt es den achtgliedrigen Pfad von Patañjali. Das ist aber nicht Yoga wie ich ihn meine!. Er war ein Gelehrter, der ca. im zweiten bis vierten Jahrhundert vor Christus in Indien gelebt hat. Inzwischen ist die Wissenschaft sich nicht 100%ig sicher, dass die Sūtren wirklich von ihm stammen, trotzdem werden sie noch so veröffentlicht, also lasse ich das jetzt auch so stehen.

Patañjalis Sūtren (Lehrreden) sind eine Zusammenfassung des Verständnisses des Yogaweges zu dieser Zeit. Es geht darum, wie man Yoga praktizieren soll, welche Hindernisse es gibt und wie man diese überwinden kann. Allerdings geht es bei diesem Yoga nicht um den körperlichen Weg, sondern darum, wie man sich und seine Gedanken dazu bringt, Yoga zu üben. Selbstverwirklichung. Der Weg zum Glück also….

Lieber Hören?

https://soundcloud.com/ra-ni-867998193/20200214-yoga-im-alltag-leben-patanjali-sutren

Die acht Punkte des Patañjali Yoga-Sūtren sind

  1. Yamas
    • 5 Punkte, die aufführen, was ein Yogi nicht tun sollte. Hier geht es um das Thema Lebensführung
      • Nicht-Verletzten
      • Wahrhaftigkeit
      • Nicht-Wollen
      • Enthaltsamkeit
      • Nicht-Ergreifen / Nicht Stehlen
  2. Niyamas
    • 5 Dinge, die was ein Yogi in seinem Leben integrieren sollte
      • Reinheit
      • Zufriedenheit
      • Disziplin
      • Selbststudium
      • Hingabe
  3. Asanas
    • die Körperübungen stehen hier eben nicht an erster Stelle!
  4. Pranayama
    • die Atemkontrolle oder Atemlenkung
  5. Pratyahara
    • bedeutet Kontrolle über die eigenen Sinne zu haben
  6. Dharana
    • Übungen für die Konzentration
  7. Dhyana
    • Über die Konzentration kommt man in die Meditation
  8. Samadhi
    • Erlösung, was für mich persönlich Freiheit bedeutet.

Diesen Weg beschreitet man nicht um eines nach dem andren zu erledigen. Beginnt man auf dem Yogaweg, merkt man schnell, dass es ein Prozess ist! Wir leben, Leben ist nicht linear! Und so wiederholen sich manche Dinge ständig, andere lösen sich schneller auf!  Für mich ist es so, dass Dinge, die ich lernen soll, mir immer wieder als Aufgaben gestellt werden. Es ist wie eine Wendeltreppe oder eine Muschel. Je näher ich dem Kern bin, umso intensiver kann das sein, doch umso besser bin ich auch darauf vorbereitet! Es ist alles miteinander verbunden! Das eine geht nicht ohne das andere oder enthält bereits etwas geübtes.

Wenn man diesen Weg also im Kopf hat, wie lässt sich Yoga jetzt in den Alltag einbringen?

Hier findest du meine Vorschläge

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Wie du die Yamas in deinem Alltag umsetzt

Beginne damit dir vorzunehmen, einen Tag lang keine negativen Gedanken zu haben. Keinen Selbstzweifel, keinen Ärger gegenüber sich oder einem anderen oder auch keine Worte zu sprechen die andere verletzen könnten und noch besser – sie gar nicht zu denken – manche meinen, dass dies bereits ein sehr fortgeschrittener Yoga ist.

Übe auch den ganzen Tag lang die Wahrheit zu sagen. Nicht zu stehlen fällt uns vermutlich am leichtesten – oder? Gerade in Zeiten von Social Media stehen uns Bilder und Gedanken so einfach zur Verfügung!

Gar nicht so einfach, oder?

Und wir sind aus den Yamas noch gar nicht  raus! 🙂

Nicht-wollen oder Nicht-begehren bedeutet wunschlos zu sein und allen alles gönnen. Kein Gedanke dran dass einem etwas fehlt. Gar nicht so einfach, einfach zufrieden zu sein, mit dem was ist.

Wenn man dies gut kann fällt einem die Enthaltsamkeit vermutlich leicht. Dabei geht es zwar auch um eine positiv gelebte Sexualität, es geht auch darum, sich nicht von körperlichen Begierden nicht leiten zu lassen und das bringt uns zu Punkt fünf: Die Zügelung der Sinne oder dem Nicht-Ergreifen.

Die Niyamas im Alltag

Damit tun wir uns vermutlich leichter! Wir reinigen und täglich. Doch der Yogi meint hier nicht nur Duschen und Zähne putzen! Gemeint ist hier auch das Innere des Körpers! Wenn du die Kriyas, die Reinigungsübungen wie Öl ziehen, Nase spülen und ähnliches nicht prickelnd findest (vermutlich weil du die noch nicht ausprobiert hast.. 😉 ) ist es eine Möglichkeit zum Beispiel darauf zu achten, was man isst, Bewegung zu machen und überhaupt gesund zu leben.

Dieses Gefühl etwas Gutes für sich getan zu haben führt vermutlich auch zu einem Gefühl der Zufriedenheit – wobei Patañjali hier wohl ein konstantes Gefühl meint. Es ist auch hier eher eine Lebenseinstellung gemeint! 🙂

Wenn wir diese Punkte erreicht haben, wissen wir auch was Selbstdisziplin und Selbstbeobachtung im Yoga meinen. 🙂 Je genauer ich mich kenne, umso schneller kann ich gut darauf reagieren, wenn ich merke, dass es mir aus einem bestimmten Grund körperlich oder seelisch nicht so gut geht.

Alle diese Punkte bedeuten also Hingabe an den Yoga zu leben, aber auch Hingabe an eine höhere Macht. Der Glaube ist etwas wesentliches. Dieses Thema ist nicht umsonst so schwierig.

Asanas üben – den Körper gesund und fit halten

Eine Asana die ich im Alltag jedem empfehle zu üben ist Tāḍāsana, der Berg.
Diese Übung bedeutet sich aufzurichten und das kann ich überall tun. Im Sitzen, im Stehen, sogar im Liegen. 🙂 Aktiviere dazu (im Stehen) die Füße, stell dir vor sie drücken in den Boden, dann spanne leicht Waden, Oberschenkel und Po an. Wenn du das tust spürst du vermutlich gleich mal eine ziemliche Unterstützung in deinem unteren Rücken – vorausgesetzt natürlich, deine Knie sind locker! 🙂 Die Aufrichtung die du jetzt in Becken und Bauch spürst lässt du nach oben steigen, lass die Schultern und Schulterblätter sinken, hebe deinen Brustkorb und sinke sanft das Kinn Richtung Brustkorb. Bist du in einer sitzenden Position spüre die Sitzbeinhöcker, rutsche etwas nach vorne auf deinem Sitz und lass den Rücken lang werden.

Pranayama – Atmung üben

Pranayama ist der Teil des Yoga den wir wirklich immer üben können!
Es bedeutet Atemkontrolle aber auch Atem-Beobachtung. Und so einfach ist es auch schon. Egal wo du bist und was du tust, erinnere dich immer wieder daran deinen Atem wahrzunehmen. Wenn du bemerkst, dass er sehr flach ist, oder sehr schnell dann beginne bewusst tief und ruhig zu atmen. Spüre dabei die Bewegung in deiner Bauchregion.
Auch hier gilt: im Sitzen, Stehen oder Liegen! Das geht immer! 🙂

Pratyahara – die Zügelung oder Beherrschung der Sinne 

Die nächste Stufe Pratyahara meint die Beherrschung der Sinne und fällt, wenn du dir schon die Zeit nimmst ab und zu bewusst zu Stehen und zu Atmen vermutlich schon relativ leicht. Wenn ich mir meiner selbst bewusst bin, fällt es mir auch leicht zu beobachten, wie es mir überhaupt geht.

Bin ich gerade gestresst, ärgert mich etwas oder fühle ich mich wohl? Wenn ich achtsam bin im Leben fällt mir auch auf, warum mich was in welcher Weise bewegt und das führt mit der Zeit dazu, dass ich nicht in die Emotionen eintauche die mir so passieren, sondern diese bewusst auch vorübergehen lassen kann! Die Beherrschung der Sinne meint, dass ich meinen Geist auf einen Punkt lenken kann und bereitet mich so auf den nächsten Punk vor.

Dharana – Konzentration

Dharana bedeutet Konzentration. Da wir ja bereits gelernt haben uns auf den Atem zu konzentrieren haben wir hier schon einen Vorteil!
Der Atem ist das perfekte Objekt für die Beobachtung der Sinne. Immer verfügbar und kostet nix 🙂

Und wenn du dich längere Zeit auf den Atem konzentriert hast findest du dich schon bald mal in einem Zustand wieder der als Dhyana bezeichnet wird.

Dhyana, die Meditation

Je besser man sich konzentrieren kann umso näher kommt man der Meditation. Das zur Ruhe kommen des Geistes. In diesem Zustand bist du Innen und Außen vollkommen ruhig und entspannt. Es fühlt sich an, als wärst du gleichzeitig vollkommen innerhalb und außerhalb deines Körpers und verbunden mit allem. Das ist etwas, das jeder anders erlebt und schwer zu beschreiben.

Dieser Zustand passiert uns manchmal auch einfach. Er kann allerdings kein Ziel sein, denn dann erreicht man ihn nicht. Es ist Leichtigkeit. Regelmäßig zu üben hilft aber und und theoretisch kann man auch das überall und jederzeit praktizieren. Zu Beginn empfehle ich allerdings einen ruhigen, angenehmen und ungestörten Raum zu nutzen!

Samadhi – Erleuchtung, Freiheit

Samadhi ist dann der letzte Zustand den ein Yogi erreichen kann. Es ist das „sich auflösen in Raum und Zeit“ würde ich sagen, denn diese zwei Faktoren spielen keine Rolle mehr wenn man vollkommen eins wird und aufgeht in und mit allem. Manchmal wird es auch als das Verlassen der körperlichen Hülle beschrieben, doch nicht jeder Tod ist ein Samadhi, und nicht jedes Samadhi ein Tod!

Für mich ist das Ziel des Yoga Freiheit. Losgelöst sein von Emotionen, Klar im Denken und vor allem im Fühlen. Eine gute Verbindung zu meinem Bauchgefühl und ein ruhiger Gesamtzustand in dem mich die Wellen des Lebens nicht herum reißen.

Dies ist ein sehr kurzer Überblick und vor allem auch eine eigene Interpretation. Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig Yogaphilosophie für den Alltag so mitgeben!
Yoga zu üben ist eine innere Haltung und ein Weg – nicht nur auf unserer Yogamatte 🙂

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„Lust aufs Leben“ hat einen Artikel mit dem Titel: „Der Alltag als Fitnesscenter“ veröffentlicht.
Ein kurzer, knackiger Artikel der dazu motivieren soll sich mehr zu bewegen und ich dachte mir: „Hey! das geht doch auch mit Yoga! – Das war im Juli 2016 der Impuls für diesen Text!

Alles Liebe & viel Freude beim Yoga Üben!

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Rani