Buchrezension – Echte Selbstfürsorge
Heute möchte ich dir meine Gedanken zum Buch von Nina Mouton teilen, das am 23. September 2024 im Kneipp Verlag erschienen ist. Der Titel: Echte Selbstfürsorge.
Heut ist der 5. Dezember, Krampusabend. Der erste Abend, an dem ich mich bewusst hingesetzt habe, um mich an die Inhalte zu erinnern, die ich im Oktober gelesen habe. Selfcare hat mich in den letzten Monaten sehr beschäftigt, denn der ganze November war bei mir der Selfcare und der Begleitung einer Gruppe von Frauen gewidmet. Der Selfcare November, wie ich diese Begleitung genannt habe, stieß auf viel positive Resonanz. Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen und auch mit einer wachsenden Entspanntheit, denn meine Erfahrungen und mein Wissen über die Selfcare stimmen mit der Autorin überein.
Selbstfürsorge: Mehr als Wellness und Auszeit
Ab in die Wanne ist eine großartige Möglichkeit, sich zu entspannen! Ein Wellnesswochenende? Wunderbar! Der Urlaub in den Bergen oder am Meer? Herrlich! Aber ist das wirklich das, was wir brauchen? Tanken wir dadurch wirklich auf? Oder wäre es nicht wesentlich effektiver, so zu leben, dass es uns durchweg wohl tut?
„Was brauchst du?“ fragt die Autorin. „Wie geht es deinem Körper?“ Ignorierst du, wie so viele, die Signale, die er dir sendet?
Was bedeutet „echte Selbstfürsorge“ laut Nina Mouton
und warum fühlt sich ihre Perspektive so stimmig an?
Nina Mouton beschreibt „echte Selbstfürsorge“ als eine bewusste Entscheidung für die eigenen Bedürfnisse und die eigene Gesundheit – nicht als etwas, das man gelegentlich in freien Momenten einbaut. Selbstfürsorge ist für sie ein radikalen Akt der Selbstachtung. Das beschreibt exakt, wie ich Selbstfürsorge wahrnehme und wie ich sie lebe – und täglich übe. Ihre Sichtweise hebt sich für mich nicht in dem Sinne ab, dass sie revolutionär anders oder neu wäre, sondern weil sie genau das ausspricht, was ich selbst denke. Es fühlt sich wie eine gelungene Fortführung des Themas an – wie Selfcare für Fortgeschrittene oder für Menschen, die von Anfang an tief eintauchen und Selbstfürsorge wirklich in ihr Leben integrieren wollen.
Wie unterscheidet sich dieses Buch von anderen zum Thema Selbstfürsorge?
„Bei der Selbstfürsorge geht es nicht um ich auch und nicht um nur ich oder nur die anderen, In der Tat geht es darum, immer wieder ein Gleichgewicht zwischen der Selbstfürsorge und der Sorge um andere zu finden.„… Selbstfürsorge ist ein Prozess“ Mouton, Seite 12
Für mich umfasst Selbstfürsorge alles, was dazu beiträgt, besser zu leben und sich sowie die Welt besser zu verstehen. In diesem Sinne habe ich im Laufe der Jahre viele Bücher gelesen, die mich inspiriert und begleitet haben, von Louise Hay über Cheryl Richardson bis hin zu spirituellen und praktischen Ansätzen. Für mich bringt Nina Moutons Buch eine besondere Tiefe und Ehrlichkeit mit.
Es unterscheidet sich dadurch, dass es nicht nur Impulse gibt, sondern auch eine klare Haltung vermittelt: Selbstfürsorge ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit.
Dabei schafft sie es, sowohl die alltägliche Machbarkeit als auch die emotionale Tiefe abzudecken, was das Buch für mich zu einem wertvollen Begleiter macht – egal, ob man gerade erst beginnt oder schon lange auf dem Weg der Selbstfürsorge ist.
Was hat mich besonders beeindruckt?
Es fällt mir schwer, einzelne Kapitel oder Themen hervorzuheben, weil ich das gesamte Buch einfach genial fand. Besonders beeindruckt hat mich jedoch, wie viel Raum die innere Kind-Arbeit bekommt. Nina Mouton schafft es, dieses Thema mit einer Balance aus Empathie und Klarheit zu behandeln. Sie vermeidet es, in Kategorien wie „gut“ oder „böse“ zu denken, und appelliert stattdessen an das Verständnis für die Menschen, die uns geprägt haben – zum Beispiel unsere Eltern. Dabei bleibt sie ehrlich, verschönert nichts und zeigt gleichzeitig, wie wichtig es ist, – auch hier – eigene Grenzen zu setzen.
Ein weiterer Aspekt, der mich sehr angesprochen hat, ist ihre Betonung darauf, wie selten wir über unsere Bedürfnisse und Wünsche sprechen. Das ist ein kraftvoller Ansatz, der verdeutlicht, dass Selbstfürsorge auch Kommunikation und Mut erfordert.
Besonders inspirierend fand ich außerdem ihren Hinweis, dass wir nichts zu geben haben, wenn wir selbst ständig leer sind. Dieser Gedanke hat mich schon bei Louise Hay und Lisa Nichols begleitet, und Nina bringt ihn mit ihrer klaren Sprache auf den Punkt. Das Buch hat mich an vielen Stellen dazu angeregt, meine bisherigen Einsichten zu reflektieren und gleichzeitig neue Perspektiven zu entdecken.
Für wen ist das Buch geeignet?
„Denn genau das ist Selbstfürsorge: eigenen Enscheidungen treffen“ Mouton, S 24
Selfcare in die Schulen
Auch das Thema Selbstfürsorge gehört meiner Meinung nach an Schulen gelehrt. Aus dem Grund, weil es für alle Menschen relevant ist und ich davon überzeugt bin, dass glückliche Menschen anders handeln, als die Menschen aktuell auf diesem Planeten. Selfcare ist eine grundlegende Kompetenz, die jeder lernen sollte.
Das Buch ist besonders für Menschen geeignet, die bereit sind, an sich zu arbeiten und aufgehört haben, in Schuldzuweisungen zu denken. Es spricht jene an, die sich weiter „ent-wickeln“ wollen – im Sinne dieses wunderbaren Wortspiels: Schicht für Schicht das ablegen, was sie nicht mehr brauchen, um näher zu ihrem wahren Selbst zu kommen.
Aha-Momente: Reizüberflutung und Hyperventilation
Was ich besonders großartig finde, ist, dass Nina Mouton Themen anspricht, die oft übersehen werden, wie zum Beispiel die Reizüberflutung und die chronische Hyperventilation. Beides waren für mich echte Aha-Momente. Ich wusste vorher nicht, wie tiefgreifend chronische Hyperventilation unser Wohlbefinden beeinflussen kann. Nina beschreibt nicht nur die körperlichen Auswirkungen, sondern zeigt auch Wege auf, wie wir wieder bewusster mit unserem Atem in Kontakt kommen können. Gleichzeitig macht sie deutlich, wie die permanente Überflutung mit Reizen unser Nervensystem belastet und uns von echter Selbstfürsorge abhält. Diese Verbindung von körperlichen, emotionalen und alltäglichen Herausforderungen macht das Buch besonders wertvoll.
Ent-Wicklung
Das Buch fordert Mut und Offenheit. Es richtet sich an Menschen, die bereit sind, sich selbst und ihre Handlungsmuster ehrlich anzusehen. Besonders ansprechend ist es für jene, die keine Angst davor haben – oder zumindest bereit sind, der Angst ins Auge zu blicken –, ihre eigenen Schatten zu erkennen. Dabei zeigt es auf, dass diese Schatten nichts Bedrohliches sind, sondern Teile von uns, die gesehen und akzeptiert werden wollen. Wie Dethlefsen und Dahlke es beschreiben: Unsere Schatten sind Wegweiser zu unserem Licht. Das Buch lädt ein, sowohl die Schatten als auch das Licht in uns anzunehmen und zu erkennen, dass sie zusammengehören.
Wie inspirieren die Übungen und Reflexionsfragen?
„Stress ist nicht das Problem, sondern ein Symptom“ Mouton, S. 57
Coping
Was mich an den Übungen und Reflexionsfragen in Nina Moutons Buch besonders inspiriert hat, ist ihre behutsame Herangehensweise. Sie schafft es, komplexe Themen wie die Analyse von Coping-Mechanismen aufzugreifen, ohne zu überfordern. Stattdessen führt sie mit vorsichtigen Geschichten dazu an, über das eigene Verhalten nachzudenken und Muster zu hinterfragen.
Kleine Schritte
Ein weiterer Aspekt, der mich sehr angesprochen hat, ist ihre Relativierung von Positivität. Sie gibt dem Trauern und anderen schwierigen Gefühlen bewusst Raum, statt sie zu überspringen oder wegzudrücken – eine Haltung, die unglaublich befreiend ist. Besonders hilfreich fand ich auch ihre „Erste Hilfe bei Stress“: Die Frage „Muss ich das jetzt machen?“ mit der Betonung auf den einzelnen Wörtern – Muss, ich, das, jetzt, machen – stammt aus Diana Kosters Werk Perfekte Mütter gibt es nicht und regt dazu an, Stresssituationen zu entschärfen und bewusster zu priorisieren.
Was brauchst du?
Was mich besonders bewegt hat, ist die Frage „Was brauchst du?“ Diese scheinbar einfache Frage hat so viel Tiefe, weil sie den Fokus auf unsere Bedürfnisse lenkt – eine Kernidee der Gewaltfreien Kommunikation (GFK). Sie zeigt, wie wichtig es ist, klar und verbindend zu kommunizieren, sowohl mit uns selbst als auch mit anderen.
Ihre drei Bewältigungstechniken – mentale, körperliche und beruhigende Erdungstechniken – fand ich ebenfalls großartig, vor allem weil sie klar macht, dass „Beruhige dich!“ der falsche Ansatz ist. Stattdessen zeigt sie, wie wir mit sanften Methoden tatsächlich in einen ruhigeren Zustand kommen können.
Was mich nachhaltig bewegt hat, ist ihr Fokus auf die eigenen Bedürfnisse: Sie lädt dazu ein, sie wirklich zu kennen und anzuerkennen, und vermittelt gleichzeitig, wie wir uns selbst besser kennenlernen können. Am Ende geht es darum, so für uns selbst da zu sein, wie wir es auch für andere sind – ein Ansatz, der für mich persönlich unglaublich wertvoll ist.
Wie alltagstauglich sind die Ansätze?
„Du musst dich selbst wertschätzen, an dich glauben und lernen. dass du dir selbst vertrauen kannst“ Mouton, S 137
Die Ansätze von Nina Mouton sind beeindruckend alltagstauglich, gerade auch für Frauen mit einem vollen Terminkalender. Was ich besonders schätze, ist, dass sie es erlaubt, verletzlich zu sein – ein Thema, das gerade für Frauen oft mit Scham oder Unsicherheit verbunden ist. Sie zeigt, dass Verletzlichkeit nicht nur erlaubt ist, sondern sogar eine Stärke darstellt, wie es auch Brené Brown in „Verletzlichkeit macht stark“ beschreibt. Dabei macht Nina klar, dass es nicht darum geht, mit allen Menschen verletzlich und offen zu sein, sondern echte Verbundenheit und Authentizität in den richtigen Beziehungen zu finden.
Ein weiterer Aspekt, der die Alltagstauglichkeit unterstreicht, ist die Langsamkeit, die sie propagiert: Schritt für Schritt vorzugehen, statt sich selbst zu überfordern. Das Buch ist super aufgebaut und verbindet viele Themen harmonisch miteinander – von Bindungsstilen und Loyalität bis hin zu Traumata und inneren Stimmen, die oft versteckte Stressquellen sind.
Sie spricht auch über Muster wie Parentifizierung und zeigt, wie sie uns noch heute beeinflussen. Gleichzeitig lädt sie ein, unsere „blauen Flecken“ zu erkennen und liebevoll für unser inneres Kind zu sorgen. Diese Themen sind nicht nur tiefgründig, sondern auch klar und praxisnah beschrieben. Die Reflexion über Bindung und Loyalität hat mich besonders angesprochen, da sie uns einlädt, zu hinterfragen, wie wir Beziehungen gestalten und welche Erwartungen wir daran knüpfen.
Inhaltlich zeigt das Buch deutlich, dass Selbstfürsorge nicht einfach ein „Zusatz“ im Alltag ist, sondern der Anfang von allem. Mit dieser Haltung und den praktischen, gut verbundenen Ansätzen gelingt es, Selbstfürsorge Schritt für Schritt in den Alltag zu integrieren, ohne Druck oder Perfektionismus. Für mich macht genau das das Buch so wertvoll.
Conclusio: Selbstfürsorge ist für alle
Wir sind weder faul noch egoistisch, und wir belasten andere nicht, wenn wir uns um uns selbst kümmern – im Gegenteil. Jeder Mensch hat das Recht, sich um sich selbst zu kümmern – und vielleicht sogar die Pflicht dazu. Der Weg zu sich selbst ist keineswegs leicht, aber er ist einer der wichtigsten, die wir gehen können.
Für mich bedeutet Selbstfürsorge, mich selbst zu sehen, wie ich bin, und den Mut zu haben, mich der Welt genauso zu zeigen. Es bedeutet, meine Gefühle zuzulassen und danach zu handeln. Unsere Bedürfnisse anzuerkennen, indem wir unsere Gefühle wirklich fühlen, ohne sie kleinzureden. Es bedeutet auch, unseren Belastungen und Schmerzen Raum zu geben, statt sie zu verdrängen.
Dabei dürfen wir uns bewusst machen, dass innere Stimmen nicht immer die Wahrheit sprechen, sondern oft von ihrer Quelle – sei es Erziehung, Gesellschaft oder alte Erfahrungen – geprägt sind. Traumata müssen nicht groß oder offensichtlich sein, um Einfluss auf uns zu haben. Und unsere Bewältigungsstrategien, so hilfreich sie auch sein mögen, verdienen es, hin und wieder überprüft und gepflegt zu werden.
Selbstfürsorge ist ein Weg, der Mut erfordert, aber er führt uns zurück zu uns selbst – und genau das ist es, was die Welt braucht: Menschen, die sich selbst kennen, lieben und ihre Wahrheit leben.
Wie steht es um deine Selbstfürsorge? Schreib mir gern in die Kommentare
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