Mode ist Identität, Bewusstsein und … die Kraft, weiterzugehen.

Als ich mich mit Marlen Sabetzer Till für diese Folge von Krisenfest zusammengesetzt habe, wusste ich schon vorher, dass unser Gespräch eine besondere Tiefe bekommen würde. Manchmal spürt man das sofort, weil die Energie zwischen zwei Menschen nach innen führt und weil da dieses Gefühl entsteht, gemeinsam etwas freizulegen, das größer ist als nur ein Thema.

Vielleicht kennst du solche Momente, in denen jemand etwas erzählt und du innerlich nickst, weil es dich an deine eigene Geschichte erinnert, an eine Entscheidung, die du getroffen hast, oder an einen Moment, in dem du Mut gebraucht hast. Genau so hat es sich angefühlt. Und genau dieses Gefühl möchte ich in diesem Blogartikel mit dir teilen, falls du die Podcastfolge nicht hören möchtest und lieber in deinem Tempo liest.

Krisen, Klarheit und der Mut nicht aufzuhören

Marlen hat mir erzählt, dass das Jahr vor ihrem vierzigsten Geburtstag nicht gut gelaufen ist. Finanziell schwierig, emotional belastend und gleichzeitig voller Fragen, die sich viele von uns irgendwann einmal stellen. Die Art, wie sie darüber spricht, hat mich berührt, weil sie keinen dramatischen Ton wählt, sondern einen ehrlichen.

Sie sagt, es sei vielleicht ihre Lieblingskrise gewesen. Nicht, weil sie leicht war, sondern weil sie sie hineingeführt hat in einen Prozess, der ihr Leben verändert hat. Ein Jahr Therapie, viel Selbstreflexion und das Gefühl, zu spüren, wie sich Schichten lösen. Sie erzählt, wie sich ihr Leben langsam wieder zu öffnen begann und sie plötzlich das Gefühl hatte, zur richtigen Zeit mit den richtigen Menschen in Kontakt zu kommen.

Und dann sagt sie einen Satz, der mir nachgeht, weil er so wahr ist.
Wenn du aufhörst, wird es nie passieren. Wenn du weitermachst, besteht die Chance, dass der Traum irgendwann Wirklichkeit wird.

Ich glaube, jede Frau, die auf ihrem Weg schon einmal gezweifelt hat, kann diesen Satz fühlen. Es ist genau diese Mischung aus Geduld, Hoffnung und Beharrlichkeit, die Krisenfest für mich ausmacht.

Der Eifelturm hinter der Nähmaschine

Erinnerst du dich an einen Moment, in dem sich etwas Unerwartetes erfüllt hat? Etwas, das du dir lange gewünscht hast und dann plötzlich ist es da und du merkst, dass du unbewusst immer darauf hingearbeitet hast.

So beschreibt Marlen ihren Paris Moment.

Jahre zuvor hatte sie ein Bild vom Eiffelturm über ihre Nähmaschine gehängt und gedacht, eines Tages werde ich mit meiner Mode dort sein. Und plötzlich war sie eingeladen, bei einer europäischen Ausstellung für Upcycling Fashion auszustellen.

Mir gefällt dieser Moment sehr, weil er zeigt, wie leise und gleichzeitig kraftvoll Intention wirkt. Sie hat nicht darauf fixiert hingearbeitet, aber sie ist drangeblieben, hat ihre Arbeit ernst genommen und ist ihrem Stil treu geblieben. Und irgendwann kam der Moment, der diesen Traum sichtbar gemacht hat.

Ist Bewusstsein der Unterschied zwischen Fast und Junk?

Im Gespräch haben wir lange über Fast Fashion gesprochen und darüber, wie schwer es ist, sich einem System zu entziehen, das auf Schnelligkeit, Masse und Bequemlichkeit baut. Marlen verwendet dafür gern den Begriff „Junk Fashion“. Ich mag diesen Ausdruck, weil er etwas Klarheit hineinbringt. „Fast klingt zu positiv. Junk trifft es besser.“ meint Marlen und ich stimme ihr voll zu.

Sie erklärt sehr ruhig, dass das Problem nicht Geschwindigkeit ist. Schnell kann auch gut sein. Entscheidend ist, wie wenig Wert ein Kleidungsstück heute haben darf, bevor es weggeworfen wird, und wie sehr die Produktionsketten versteckt bleiben. Wir sind oft so weit von unseren Kleidungsstücken entfernt, dass wir keinen Bezug mehr dazu haben. Kein Materialbewusstsein. Keine Beziehung. Keine Verantwortung.

Und plötzlich stehst du da und fragst dich, ob du etwas trägst, das für dich gemacht wurde oder ob du etwas trägst, das niemals jemand wirklich berührt hat.

Wie persönlich darf Mode sein?

Im Gespräch ist etwas passiert, das mich noch immer beschäftigt. Ich habe Marlen gefragt, wie Frauen sich fühlen, wenn sie ihre Stücke tragen. Und sie hat sofort angefangen zu strahlen. Sie sagt, nichts berührt sie mehr, als Menschen zu sehen, die etwas tragen, das sie für sie gemacht hat. Nicht, weil es ihr Werk ist, sondern weil sich bei der Kundin etwas verändert.

Körperhaltung, Präsenz, dieses tiefe Gefühl von es gehört zu mir und es steht mir, weil es mich zeigt.

Marlen sagt, der schönste Moment ist: der Vergleich, der nicht stattfinden kann. Niemand anders hat dieses Kleidungsstück. Niemand kann besser aussehen als du darin. Niemand ist die Konkurrenz.

Die Modewelt lebt vom Vergleich. Marlens Mode nicht. Und genau das macht sie so besonders.

Secondhand und die Kunst des Wiederentdeckens

Wir haben auch über Secondhand gesprochen und über die Freude, etwas zu finden, das Geschichte hat. Marlen und ich staunen beide immer wieder über das Erkennen, dass ein Kleidungsstück auch nach Jahren immer zu mir gehört. Das ist Kleidung, die mit dir mit lebt.

„Nachhaltigkeit beginnt nicht beim Etikett, sondern bei der Frage, wie lange etwas bei dir bleibt.“ ist Marlen sicher. Ist dieser Gedanken nicht befreiend? Es geht nicht darum, perfekt zu konsumieren. Es geht darum, bewusst zu wählen, bewusst zu kaufen und Mode bewusst zu tragen.

Vielleicht stellst du dir jetzt die Frage, wie persönlich deine Mode ist. Welche Stücke in deinem Schrank du wirklich liebst. Welche du trägst, weil sie dich ausdrücken und welche vielleicht eher aus Gewohnheit da sind.

Handwerk – Erdung und Selbstwirksamkeit

Gegen Ende unseres Gesprächs hat Marlen etwas erzählt, das ich besonders schön fand. Sie sagt, dass das Nähen ihr beigebracht hat, mit Frustration umzugehen. Dass es ein Handwerk ist, das Geduld, Mut und Neugier braucht.

Auf meine Frage hin rät sie allen klein anzufangen. Ein Lavendelsäckchen. Eine Tragetasche, etwas, das nicht viel Zeit kostet, aber ein Gefühl von ich kann das entstehen lässt.

Und ich glaube, genau das ist die Essenz dessen, was Marlen ausmacht. Dieses tiefe Vertrauen, dass wir alle fähig sind, etwas mit den Händen zu erschaffen. Etwas zu pflegen. Etwas zu heilen. Auch uns selbst.

Weitermachen, auch wenn es still ist

Wenn ich eine Essenz aus unserem Gespräch mitnehmen könnte, dann wäre es diese:
Du darfst träumen und du darfst zweifeln und du darfst weitergehen. Und manchmal wird genau in diesem Weitergehen etwas sichtbar, von dem du gar nicht wusstest, dass es auf dich wartet.

Vielleicht ist Mode am Ende gar nicht nur Stoff. Vielleicht ist sie Erinnerung, Identität, Mut und das stille Gefühl, dass wir uns selbst wieder näherkommen, wenn wir liebevoll auswählen, was wir an uns heranlassen.

Ich hoffe, du nimmst dir aus diesem Artikel etwas Schönes mit. Vielleicht nur den Impuls, heute ein Kleidungsstück bewusst in die Hand zu nehmen und zu fragen, ob es noch zu dir spricht. Oder den Mut, ein neues zu reparieren, statt es wegzugeben. Oder den Gedanken, einmal bewusst zu schauen, wie viel Persönlichkeit in deiner Mode lebt.

Wenn du magst, erzähl mir gern, welches Kleidungsstück dich schon lange begleitet.

Über Marlen

Marlen Sabetzer bezeichnet sich selbst als „sewing artist“, hat eine Haute-Couture Ausbildung und ein geisteswissenschaftliches Studium abgeschlossen. Sie experimentiert gerne mit Materialien und möchte sich im Bezug auf Stoffe nicht auf eine Linie festlegen. Ihre Kleidungsstücke sind vielseitig –  aber immer bemerkenswert.

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