Yoga neu denken. Ein Gespräch mit Gunda Windmüller über Erschöpfung, Ehrlichkeit und Erdung

Wie zu jeder guten Geschichte gibt es eine Vorgeschichte. Wenn du mir schon länger folgst, weißt du vielleicht das ich dieses Jahr 20 Jahre Yoga gefeiert habe – und 20 Jahre diagnostiziert chronisch krank. Yoga, also das was ich über Yoga gelernt und dann über die Jahre erfahren hatte, hat mein Leben verändert, und ich sage oft gerettet. Aber das ist eine andere Geschichte. Irgendwann habe ich begonnen, Sprachen und Kulturen Südasiens zu studieren – ich wollte unbedingt Sanskrit lernen. Nach und nach ent-mystifizierte sich mein Bild über Yoga und seine Ursprünge. Als ich Gunda’s Buch sah: Kulturgeschichte des Yoga war ich begeistert und wollte sie unbedingt gern in meinen Podcast einladen.

Doch nicht so romantisch

In mir hatte sich ein romantisches Bild erschaffen und ich freute mich schon sehr auf das Gespräch.

„Nice things are nicer than nasty ones.“
– Kingsley Amis, Lucky Jim (zitiert von Gunda Windmüller am Ende unseres Gesprächs)

Was ist Yoga eigentlich. Diese Frage geistert schon länger durch die Yoga-Welt. Darüber hab ich auch schon nachgedacht und einen Blog geschrieben (Wem gehört Yoga – Eine gute Frage und ein Beitrag von Bhanu Bhatnagar

Schon die Antwort auf die Frage warum Gunda das Buch geschrieben hatte hat mich von meiner Romantik-Wolke herunter geholt, aber sie erklärt es auch super gut in unserem Gespräch: Das war ein Job. Eine echte Herausforderung. Die Ressourcen dafür, so tief zu gehen hat niemand ohne Auftrag.

Yoga, Krise & Klartext

Mein Gespräch mit Gunda Windmüller war eines der wenigen, das ich mir – statt es direkt zu schneiden – einfach angehört habe.
Weil ich so tief darin versunken bin, dass ich die Zeit vergessen habe.

Mit Gunda zu sprechen war wie ein Streifzug durch alte Bibliotheken, persönliche Geschichten und ehrliche Zweifel.

Und zugleich war es eine Einladung, Yoga neu zu denken.

Weg von Klischees, hin zu mehr Tiefe.

Ich habe Gunda eingeladen, weil sie mit ihrem neuen Buch „Yoga. Wie es wurde, was es ist“ nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern vielen Menschen erlaubt, ihre Praxis und ihren Blick auf Yoga neu zu sortieren. Sie hat mich gefunden, weil sie über Erschöpfung spricht, über sich verlieren und wiederfinden. Und genau das ist Krisenfest

Wer ist Gunda Windmüller?

Gunda ist promovierte Literaturwissenschaftlerin, Journalistin, Autorin, Yogalehrerin. Aber vor allem ist sie jemand, der sich traut, das Komplexe einfach und das Einfache differenziert zu erzählen. Sie schreibt über Beziehungen, Gender, Gesellschaft und jetzt über Yoga. Nicht, weil es Trend ist, sondern weil sie selber mittendrin steckt in den Fragen: Was gibt Halt? Was ist Show? Was bleibt?

Yoga ist nicht tausende Jahre alt – zumindest nicht so, wie viele denken.

Gunda räumt auf mit dem Mythos der Jahrtausende alten, unveränderten Yogapraxis. Sie zeigt: Vieles, was heute auf Matten praktiziert wird, entstand in den letzten hundert Jahren – durch globale Begegnungen, durch politische und gesellschaftliche Entwicklungen.

„Ich habe versucht, dieses Buch nicht als Yoga-Ratgeber zu schreiben, sondern als ein Buch, das den Raum aufmacht, sich selber Fragen zu stellen: Was mache ich da eigentlich?“ (ab 10:42)

Sie erzählt, wie sie selbst über einen Zustand tiefer Erschöpfung zum Yoga kam. Kein Erleuchtungsmoment, sondern der Versuch, sich wieder zu spüren. Der Anfang einer langen Bewegung.

„Ich war wahnsinnig erschöpft, so ganz ausgebrannt… Yoga war das Erste, was mir wieder ein Gefühl für mich gegeben hat. Erst der Körper, dann der Rest.“ (ab 08:16)

Klarheit statt Guru-Gefühl

Gunda spricht eine Sprache, die aufräumt. Sie sagt: Viele Menschen suchen Antworten, Erklärungen, Wahrheit. Aber Yoga ist kein Placebo für die Welt.

Es ist ein Werkzeug – eins von vielen. Ich muss ihr zustimmen.

„Ich glaube, wir müssen uns verabschieden von dieser Idee, dass Yoga eine reine, heile Welt ist. Es war immer politisch, immer kulturell verhandelt.“ (ab 24:32)

Yoga in Krisenzeiten? Ja. Aber anders.

Was bedeutet es, mit dem Körper zu denken? Was heißt es, sich aus der Krise zu bewegen, im wortwörtlichen Sinn?

„Ich habe im Yoga zum ersten Mal gemerkt: Ich kann mich aus einem Zustand rausatmen. Ich bin nicht nur Kopf.“ (ab 09:47)

Das ist vielleicht die stillste, aber kraftvollste Botschaft dieser Folge: Dass der Körper eine Wahrheit kennt, die der Kopf noch sucht.

10 Erkenntnisse aus dem Gespräch mit Gunda Windmüller

  1. Körperwahrnehmung ist der Anfang.
    Gunda beschreibt, wie sie durch eine Yoga-Haltung zum ersten Mal seit Wochen wieder spürte: „Ich kann stehen. Ich werde getragen. Ich bin da.“

  2. Yoga ist kein Wundermittel – aber eine Tür.
    Es ist nicht „die Lösung“, aber ein möglicher Einstieg in Selbstverbindung, Erdung und neue Perspektiven.

  3. Nicht alles, was spirituell klingt, ist hilfreich.
    Es braucht mehr Klarheit, Differenzierung und Verantwortung – vor allem in der Weitergabe von Wissen.

  4. Die Geschichte des Yoga ist jünger und komplexer, als viele glauben.
    Der Mythos vom „5000 Jahre alten Yoga“ hält sich hartnäckig – aber führt oft in die Irre.

  5. Frauen haben Yoga geprägt – nicht nur konsumiert.
    Die heutige Yoga-Kultur ist maßgeblich von Frauen gestaltet worden. Das sollte sichtbarer werden.

  6. Bewegung kann heilsam sein – auch jenseits der Matte.
    Gunda praktiziert heute kaum noch Yoga. Stattdessen liebt sie Gewichtheben – weil es ihr Kraft und Erdung schenkt.

  7. Spiritualität ist heute oft ein Baukasten.
    Viele Menschen basteln sich ihren eigenen Glauben – ein „spiritueller Supermarkt“, wie Gunda sagt. Das ist verständlich, aber nicht immer harmlos.

  8. Es braucht mehr ehrliche Aufklärung – nicht mehr Versprechen.
    Weniger Hochglanz, mehr Substanz. Das gilt für Bücher, für Yogastudios und für alle, die lehren.

  9. Krisen verlangen nach Bewegung – nicht nach Stillstand.
    „Wenn es mir schlecht geht, gehe ich heute zum Sport“, sagt Gunda. Bewegung bringt sie zurück zu sich.

  10. Nett sein ist nicht naiv – sondern eine Haltung.
    Ihr Lieblingszitat (Kingsley Amis): „Nice things are nicer than nasty ones.“ Manchmal ist das die Essenz.

Hast du dich schon mal selbst gefragt:

  • Wann hast du dich das letzte Mal selbst gespürt?
  • Welche deiner Überzeugungen zu Yoga (oder anderen Dingen) dürfen sich verändern?
  • Was hilft dir, wenn du dich erschöpft fühlst?
  • Muss Spiritualität eigentlich immer heilig sein?

Links & Weiterhören:

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Mehr über Gunda:

Pocket Yoga – dein Herbstritual – bewegtSein

Ab September kannst du wieder in mein Pocket Yoga-Programm einsteigen, das dich mit 5-Minuten-Impulsen 3x pro Woche begleitet.
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Ich hoffe, du hattest viel Freude beim Lesen
hör auch gern rein in den Podcast.

Das Gespräch wird dich hoffentlich genauso faszinieren wie mich.

Namaste

Deine Rani