Herr Dr. Zwick im Interview für „Lunge bewegt“. Das erste Online-Event für gesunde Bewegung für Menschen mit Lungenkrankheiten wie Lungenhochdruck oder COPD hat im April 2022 stattgefunden. Die Fragen an Hr. Dr. Zwick wurden durch eine Umfrage erhoben, die ich im Februar 2022 online gestellt hatte um herauszufinden, was die Menschen bewegt und interessiert. Ich freu mich sehr, hier noch einmal das Gespräch zur Verfügung zu stellen und hoffe, dass diese wertvollen Informationen möglichst viele betroffene Menschen erreicht, ihnen Mut macht, ihre Situation zu verbessern und sich insgesamt wohler zu fühlen.

Die Zusammenfassung des Interviews

Dr. Ralf Harun Zwick leitet die ambulante internistische Rehabilitation der Therme Wien Med  und ich freue mich sehr darüber, das Gespräch hier auch zu präsentieren. Wir sprechen nicht nur darüber, warum Rehabilitation so wichtig ist, auch über das Thema Long-Covid, das wie ich erfahren habe, kein Lungenthema sein muss. Die PatientInnen, die zur ambulanten Rehabilitation kommen sind vor allem PatientInnen mit COPD und pulmonaler Hypertension, erzählt Dr. Zwick.

Das Interview – Fragen und Antworten

Wie werden die PatientInnen in der Rehabilitation betreut, welche Übungen werden gemacht und welche Erfahrungen gibt es, wie die Reha wirkt?

Vor ca. 12/13 Jahren wurde der Gedanke, eine ambulante Reha in Ballungszentren anzubieten umgesetzt. Die Idee war, die Patienten vor allem wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren und hier ist es ist sinnvoll, die Menschen in ihrem gewohnten Umfeld zu lassen. Es wurde begonnen, PatientInnen zu belasten, wobei es vor 15 Jahren noch nicht üblich, bei manchen Erkrankungen wie PH sogar verboten war, Patienten zu bewegen.

Heute weiß man, jeder Mensch sollte belastet werden, weil es viele Vorteile hat. Es sind vor allem COPD-Patienten. (COPD ist eine chronische, fortschreitende Lungenkrankheit) Da Österreich „das Raucherland“ ist. Leider verändert sich das Bild der COPD-Patienten. Inzwischen ist „er“ eine „sie“, ca. 40 Jahre und weiblich.

„Wir wollen „Klick“ im Kopf machen bei unseren PatientInnen

Bewegung ist unglaublich wichtig, aber es braucht noch viel mehr, um Patienten dazu zu bringen, Gewohnheiten und Lebenseinstellungen zu verändern. Natürlich wäre es optimal, wenn sie auch aufhören würden zu Rauchen. Man hat festgestellt, dass die verordneten Spray zwar wirken (Sh. auch Interview Dr. Puelacher), aber eine ganzheitliche Therapie wirkt besser.

Warum?

Es ist wichtig, so frühzeitig wie möglich zu helfen. Die Rehabilitationsmaßnahmen durch Training werden in der Therme Wien Med durch eine Psychologin und Ernährungsempfehlungen ergänzt. „Gerade bei chronischen Lungenerkrankungen sehr wirkungsvoll“ meint Dr. Zwick.

Reha auch für Pensionisten?

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht so einfach ist, wenn man nicht mehr im Berufsleben steht, eine ambulante Reha zu bekommen. Das frage ich auch Dr. Zwick, der mir erklärt, dass die Erfahrungen durch Rehabilitationsmaßnahmen dazu geführt haben, dass auch für Menschen, die nicht mehr im Berufsleben stehen und zum Beispiel noch nicht in Pension sind, die ambulante Rehabilitation in der Regel bezahlt wird. Der wichtigste Erfolg einer Rehabilitation ist inzwischen nicht mehr nur das Überleben zu verbessern. Es ist nachweislich auch so, dass man mit den Maßnahmen auch die Lebensqualität und die Lebensdauer erhöhen kann.

Zum Beispiel ist ein hoher Blutdruck die höchste Todesursache – noch vor dem Rauchen. Bei dieser Erkrankung ist sogar ohne medikamentöse Therapie eine Verbesserung möglich. Das spart natürlich auch dem Versicherungsträger einiges an Kosten.

Wir müssen den Menschen ganzheitlich betrachten, und hier viele Punkte in Angriff nehmen.“

Man spürt die Begeisterung für seinen Beruf, wenn Herr Dr. Zwick erzählt, dass durch ganzheitliche therapeutische Maßnahmen bei COPD oder PH (Lungenhochdruck) Verbesserungen in der Lebensqualität erreicht werden können.

Ich spreche die mangelnde Information und Begleitung an, die manche PatientInnen beklagen.

Das einfachste ist, den PatientInnen selber die Schuld für die Erkrankung zu geben. Aber das ist verächtlich. Wir haben als Ärzte einen Eid geschworen, dass wir etwas tun wollen und uns überlegen, was zu tun ist

Herr Dr. Zwick erklärt, dass gerade bei COPD durch Studien belegt ist, dass das Leben verlängert werden kann, wenn es eine frühe Reha gibt, also wenn direkt nach einem Vorfall oder einer Diagnose rehabilitiert wird. „Das Leben signifikant verlängert, als wenn es später gemacht wird.“

Gibt es Übungen die sie statt einer Rehabilitation empfehlen?

Alleine starten mit schwerer Erkrankung ist weniger empfehlenswert, deshalb ist es wichtig, mit einer Begleitung zu starten.“ Besonders mit unheilbaren oder sich verschlechternden Erkrankungen empfiehlt Herr Dr. Zwick zuerst mal eine stationäre Rehabilitation. Dies unterstützt, dass sich die Patienten umfassend und in Ruhe erholen können. Im Anschluss daran eine ambulante Rehabilitation.

Stationäre Zentren für Rehabilitation gibt es von Bregenz bis Eisenstadt. (Dazu für Österreich – OEGKK) Darüber hinaus gibt es in den Ballungszentren, Bregenz, Innsbruck, Wiener Neustadt, Wien, (in Wien gibt es verschiedene Zentren) St. Pölten, OÖ in verschiedenen Standorten

Am besten man informiert sich als PatientIn direkt bei der Krankenkasse. Das wichtigste ist in Bewegung kommen – am besten mit professioneller Begleitung!

Long Covid: Kann man das vergleichen? Welche Symptomatik hat es und welche Therapie hilft

Long Covid ist „eine komplizierte Geschichte“ meint Dr. Zwick, weil es eine zeitliche Definition gibt, die aber „schwammig“ ist. Nach einer Viruserkrankung gibt es ein Sammelsurium an Beschwerden die länger bestehen bleiben. Man geht davon aus, dass ca. vier Wochen nach einer Viruserkrankung, eine postakute Phase beginnt, die zwischen zwei und drei Monaten braucht. Die Zeit zum Ausheilen. „Das war immer schon so.“ meint Dr. Zwick und spricht von Erfahrungen der Medizin die nach viralen Infekten wie zum Beispiel der Grippe, bekannt ist.

Die Beschwerden können vom Kopf bis zu den Zehen auftauchen und sind zum Beispiel:

Die Beschwerden können vom Kopf bis zu den Zehen auftauchen und sind zum Beispiel:
  • Haarausfall
  • Hautprobleme
  • Kopfschmerzen & Co
  • Riechen
  • Brustkorb: Herzbeschwerden, Lungenschmerzen, Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, Blaue Flecken an den Zehen
  • Viele Beschwerden werden als Long/Post Covid zusammengefasst wird.

In solchen Fällen eruiert man zuerst) das Hauptproblem und schickt zum Beispiel einen Patienten mit Kopfschmerzen zum Neurologen und einen anderen Patienten mit Lungenproblemen zum Lungenfacharzt. Dann wird ein Befund erstellt. Bei einer zweiten Gruppe von Patienten findet man aber nichts und „Long Covid“ wird noch nicht genau verstanden, weil es nichts gibt, was im Blut „festgemacht“ werden kann.

Dies führt aktuell dazu, dass es wenige Menschen gibt, die nicht diagnostiziert werden können, obwohl die sehr beeinträchtig sind. Diese Menschen kommen mit vielen Beschwerden wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit. Die aktuelle Vermutung ist die, dass die Viren das Nervensystem angreifen und dieses so in eine Dysbalance kommt.

Autonomische Dysfunktion – willentliches Nervensystem und autonomes Nervensystem und Herz-Lunge-Darm kann ähnliche Beschwerden machen wie eine Entzündung, aber das kann nicht diagnostiziert werden.

Reha dennoch vielfach erfolgreich

Therapeutische Maßnahmen für Long-Covid sind noch im Entstehen, aber durch die bestehenden Erfahrungen der Rehabilitation in anderen Bereichen ist trotzdem bereits erfolgreich. Wichtig ist die Diagnostik vor der Einführung von Maßnahmen. Diese ganzheitlichen Interventionen sollen sich im „pacing“ Bereich, also im grünen Bereich befinden. Nichts tun ist definitiv keine Option, aber zu viel tun ist ebenfalls schlecht. In der Regel dauert es für einen Patienten in der Reha zwei Wochen, bis dieser Bereich gefunden und verstanden wird. „Der Akku darf nie leer sein“ erklärt Herr Dr. Zwick. Wenn ich wandern gehe und mein Akku ist fast leer, werde ich am Ziel keine Fotos machen können, beschreibt er sein plakatatives Beispiel.

Verschiedene Beschwerden und Sorgen

Das schwierigste ist, dass neben den Symptomen wie Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Atemnot auch andere Probleme dazu kommen. Die Menschen erleben sich ganz anders, sie haben Probleme mit ihrer Leistungsfähigkeit, dazu kommen die Sorgen, die Arbeitsstelle ganz zu verlieren. Besonders bei diesen Themen ist die Wirkung der Gruppe und die Möglichkeit zum Austausch sehr wichtig. Geteiltes Leid ist halbes Leid, fällt mir dazu ein. Auch die Psychologin Mag. Moser aus Innsbruck hat dazu einiges gesagt). Wer gleiche Probleme hat, versteht sich gegenseitig.

In der Rehabilitation gelingt es sukzessive die Intensität steigern. und bei ca. 95% der PatientInnen funktioniert das auch gut, 5% werden weiter betreut.

Die Psychologie spielt eine große Rolle

Als Burn-out Expertin fällt mir die Ähnlichkeit zur Diagnose Burnout auf und Zwick stimmt mir zu. Hier gibt es bereits einiges an Erfahrung auf die zurückgegriffen werden kann. Diese werden auf Long-Covid umgelegt. Die Psychologie spielt eine große Rolle. Eine Depression kommt meistens nicht durch die Erkrankung sondern durch das, was die Krankheit auslöst. Die Wirkung der Gruppendynamik ist für mich ein Plädoyer für Selbsthilfegruppen. Allein durch das darüber reden kann ich mir helfen.

Grundsätzlich ist es einfach wichtig in Bewegung zu bleiben und am besten durch Rehabilitation das ganze Paket aus Physiotherapie, Psychotherapie, Massage und mehr für sich wirken zu lassen.

Selbsthilfegruppen sind hilfreich, weil „die wissen ja tausendmal mehr als ich weiß„, meint Dr. Zwick in Anerkennung deren Arbeit. „Wenn ich von Interventionen höre, die helfen, gebe ich das gerne weiter“ ergänzt er. Wichtig ist, sich vor allem bei unfairer Behandlung bei der Arbeiterkammer, der PVA oder eben durch Selbsthilfegruppen Hilfe zu holen.

Zum Abschluss meint Dr. Zwick: „Rehabilitation ist kostenlos aber nicht umsonst.“

..und das meine ich auch. Es ist wichtig, sich auf die eigene Füße zu stellen und ich bleibe auch an dem Thema ambulante Reha dran und werde berichten.

Hier geht es zum Video

Interview mit Dr. Ralf Harun Zwick

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Audio - Interview mit Ralf Harun Zwick

Dr. Ralf Harun Zwick ist Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Lungenkrankheiten, Arzt für Sportmedizin
Websiten: http://lungenreha.at https://www.thermewienmed.at/rehabilitation
Zur ExpertenSeite Lunge bewegt: Dr. Ralf Harun Zwick

Das Projekt

Alles hat mit einer Idee angefangen, daraus wurde ein Online-Event und mit Mai 2022 beginn die Geschichte von Lunge bewegt.
Mein Ziel: Information – Mobilisation – Motivation
Bewegen ist Leben – egal wie langsam, egal wie wenig aktuell möglich ist – sie erhöht die Lebensqualität und krank-sein ist schon mühsam genug! – Es beginnt mit dem ersten Schritt! Komm in Bewegung!

21 Interview zum Thema: Gesunde Bewegung für Menschen mit Lungenkrankheiten sind entstanden. In der Zeit wurden auch Bonusvideos mit Übungen und Anleitungen kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Videos sind gekommen um zu bleiben. Auf der Website kannst du dir die Inhalte weiterhin kostenlos ansehen.

Im Laufe der nächsten 10 bis 12 Monate werden alle Interviews auch im Blog zu Lunge bewegt veröffentlicht. Melde dich ganz einfach zum Newsletter an, wenn du nichts versäumen willst.  Aktuell überlege ich zwischen den Interviews auch supersanfte Yoga-Sequenzen zu publizieren und ich habe noch weitere Ideen, über die du so informiert werden kannst.

Alle 21 Experten-Interivews

Lunge bewegt Experteninterviews

Weitere Experten in der Reihe

Das Lunge Bewegt Übungspaket enthält 10 Videos von 8 Experten

  • Silke van Beuningen – 2 Videos mit Physioübungen (16:28 / 5:49)
  • Sabine Rösner – Klopfen gegen die Angst (21:06)
  • Rani Gindl – Atemübungen (18:00)
  • Nicole Hoenig – Achtsames Essen (8:25)
  • Daniel Grolle – Tai Chi – Übungen und Einführung (17:22 / 7:52)
  • Christa Reidinger – Faszienyoga (26:51)
  • Birgit Weyringer – Herstellung Kräuterbadesalz (9:06)
  • Alexandra Meraner – Gesundheitsyoga (23:33)

=> Mehr Informationen zum Übungspaket Lunge bewegt

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